Ökumene macht Schule: In der Evangelischen Realschule Ortenburg sind nur noch 25 Prozent der Schüler evangelisch - der Rest ist katholisch.

Evangelische Schulen

„Nicht nur Leistungsträger sein“

An welche Schule soll mein Kind gehen? Was ist das Beste für seine Zukunft? Das fragen sich Tausende von Eltern in Bayern. Immer mehr entscheiden sich für Evangelische Schulen.

Denn an Evangelischen Schulen paart sich Qualität mit einem guten Geist. Von außen ist das natürlich nicht erkennbar. Es sind ganz normale Schulgebäude, in denen nach staatlich genehmigten Lehrplänen unterrichtet wird. Schülerinnen und Schüler werden dort auf den Übertritt auf weiterführende Schulen vorbereitet, sie machen ihren Quali oder ihr Abitur – wie an jeder staatlichen Schule auch. Die Lehrerinnen und Lehrer haben Staatsexamen in Germanistik oder Mathematik, in Geographie oder Biologie. Ganz normale Schulen eben.

Und doch sind evangelische Schulen etwas ganz Besonderes. Das wissen die Eltern der über 25.000 Kinder und Jugendlichen, die die rund 161 evangelischen Schulen und Internate in Bayern besuchen. Und die Zahl der Schülerinnen und Schüler steigt. Evangelische Bildung wird offensichtlich nicht als kirchliche Einflussnahme gesehen, sondern als Garant für Qualität, ein menschliches Miteinander und individuelle Zuwendung.

Wir sehen Menschen als ganzheitliche Geschöpfe"

Dr. Siegfried Rodehau, pädagogischer Referent Ev. Schulstiftung Bayern

Woran liegt das? Dr. Siegfried Rodehau, pädagogischer Referent für Fort- und Weiterbildung in der Evangelischen Schulstiftung Bayern, erklärt es mit der besonderen Grundhaltung aus dem Evangelium heraus: „Wir sehen Menschen als ganzheitliche Geschöpfe, die in ihrer ganzen inneren Vielfalt wahrgenommen werden wollen und sollen - und nicht nur Leistungsträger sind.“

Evangelische Schulen fördern individuell und bilden ganzheitlich: Der Einzelne, seine Potentiale, seine Persönlichkeit sollen dabei im Mittelpunkt stehen. Die Schulen bieten aber auch in gleicher Weise persönliche Orientierung; dabei spielt die Vermittlung von Glaubenswissen eine besondere Rolle. „Das Motto an Evangelischen Schulen lautet: ,Miteinander leben, lernen, glauben im Spielraum christlicher Freiheit‘ – dabei ist das Wort ,Spielraum‘ ernst zu nehmen“, so Rodehau.

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Begleiten bei der Suche nach Sinn

„An Evangelischen Schulen geht es nicht darum, Kinder und Jugendliche zu zwingen, sich mit Gott, und der Bibel zu beschäftigen“, erklärt der pädagogische Referent. „Kinder und Jugendliche kommen vielmehr mit ihren Lehrkräften bei vielen Fragen in ein Gespräch, einen Dialog, in dem sie ihre Sicht auf die Welt und die damit verbundenen Glaubensfragen aus verschiedenen Perspektiven betrachten dürfen – auch aus kritischen.“ Es gehe darum, so Rodehau, Schülerinnen und Schüler schon so früh wie möglich bei ihrer Suche nach Sinn im Leben zu begleiten, ihnen als Ansprechpartner, Begleiter bei dieser Suche zur Seite zu stehen.

Zum Beispiel Nürnberg: Hier ist die Wilhelm-Löhe-Schule ein Markenzeichen der evangelischen Kirche. Die größte Evangelische Schule in Bayern ist deutschlandweit einzigartig, da sie Teilschularten von der Grund- und Mittelschule bis hin zur Realschule, dem Gymnasium und der Fachoberschule für Sozialwesen unter dem Dach der kooperativen Gesamtschule vereint. Grundschüler, Neuntklässler der Mittelschule und Abiturienten sind sich einig, dass in der Schule ein ganz besonderer Geist zu spüren ist. Der zeigt sich beispielsweise in den großen Pausen: Ob gemeinsames Singen oder eine Andacht, ob Phantasiereise oder Yoga - jeden Tag bietet ein anderer Lehrer oder eine andere Lehrerin einen Impuls zum Innehalten an: „Kurz abschalten, zu sich kommen und zu Gott - das baut Dich wieder auf!“ – so die Devise. Dass die Teilnahme freiwillig ist, versteht sich von selbst.

„Konflikte mit Worten lösen, nicht mit Fäusten“

Das besondere christliche Profil zeigt sich aber auch in ganz kleinen Dingen: „Das mag ich an unserer Schule, dass die Lehrerinnen sich um einen kümmern und aufpassen, dass Konflikte mit Reden gelöst werden und nicht mit Fäusten, dass wir eine Gemeinschaft sind und die Umgangsformen gut sind,“ betont ein Neuntklässler. Eine Abiturientin ist stolz darauf, „dass man Geld für Dinge ausgibt, die andere Schulen nicht ausgeben würden“. Zum Beispiel bei der Löhe-Weihnacht. „Da fragen auch manche, warum spendet ihr all das eingenommene Geld für andere, und renoviert nicht lieber die Klos? Aber dort wird das Geld wichtiger gebraucht, uns geht´s da doch gut.“

Auch die Christian-von-Bomhard-Schule in Uffenheim vereint mehrere Schularten unter einem Dach. Die Real- und Fachoberschule sowie das Gymnasium undd as Internat haben die Bildung des ganzen Menschen zum Ziel. Dies beinhaltet auch Beratungs-, Betreuungs- und Freizeitangebote über den Vormittag hinaus. Eine Besonderheit hier ist der „Bomhard-Club“. Einmal im Jahr laden die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe Persönlichkeiten in herausragenden Stellungen in Politik, Wirtschaft, Universitäten oder Kirche ein. Selbständig leiten sie eine Podiumsdiskussion, bei der sie mit den Gästen ins Gespräch kommen. Auch Altlandesbischof Johannes Friedrich und der ehemalige Bayerische Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein waren dort zu Gast.

09.08.2017
Anne Lüters

Schüler und Senioren freuen sich auf das Miteinander

Wichtig ist auch, dass die Bildungserfahrungen praktisch begleitet werden. Evangelische Schulen bieten verschiedene Lernorte an und fördern damit soziales, diakonisches, effektives und ästhetisches Lernen. Zum Beispiel Ortenburg: In der traditionsreichen evangelischen Realschule wird diakonisches Lernen groß geschrieben.

Nach einer sensiblen theoretischen Heranführung durch die Lehrer knüpfen die Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Klassen Kontakte zu Bewohnerinnen und Bewohnern im Seniorenzentrum Inge-Gabert-Haus in Ortenburg. Je nach ihren Gaben musizieren, spielen oder unterhalten sie sich mit den Senioren, lesen ihnen Bücher vor oder helfen ihnen mit einfachen Pflegemaßnahmen. Schön, wenn sich Schülerinnen und Senioren auf die gemeinsamen Unternehmungen freuen.